DIE SAATKRÄHE

... aus Brehms Tierleben, 1920

"Um das Jahr 1600 beizten noch die Landsherren auf der Kurischen Nehrung (heutiges Litauen, Anm.) Krähen mit Falken. Im Spätherbst ziehen zahlreiche Krähen entlang der Kurischen Nehrung über das Memlinger Tief nach dem Samland, und in umgekehrter Richtung im Frühling."

"Eifrig stellt in diesen Zeiten, besonders im Herbst, die Bevölkerung den Krähen nach, vor allem Weiber, Kinder und Greise, aber auch Männer, wenn der Fischfang nicht lohnt; weniger fängt man im Frühjahr, da sie während der winterlichen Hungerperiode stark abgemagert sind."

"Die gefangenen Krähen werden in absonderlicher Weise, nämlich durch einen Biss in den Hinterkopf getötet, weshalb dortzulande die Krähenfänger "Krähenbeisser" genannt werden. Am stärksten wird nach Droste-Hülshoff der Fang zwischen Sarlan und Nidden betrieben: bisweilen fängt ein einziger Krähenbeisser dort 100 Stück und mehr an einem Tag."

"Die Grauröcke (Saatkrähe) werden viel gegessen und bilden auf der Nehrung für ganze Dörfer die einzige Fleischnahrung. Für den Bedarf des Winters pökelt man sie in Fässer ein. Nach Labian bringt man sie auch gerupft für den Verkauf auf den Wochenmarkt, wo sie mit 10 Pfennig das Stück bezahlt werden. Früher sollen auch die Pfarrer der Ortschaften Rossitten, Nidden und Gilge von ihren Kirchenspielkunden Krähen als Deputat erhalten haben."